
Riemengetriebe dienen zur Übertragung von Drehbewegungen und Drehmomenten, um größere Achsabstände zu überbrücken. Zu Beginn der Industrialisierung waren Riemengetriebe die wesentliche antriebstechnische Grundlage für den Ausbau und die Weiterentwicklung der industriellen Produktion. Die Antriebsleistung wurde zentral (z.B. Dampfmaschine) erzeugt und über lange, unterhalb der Decke der Fabrikationshallen laufende Transmissionswellen an die einzelnen Produktionsmaschinen abgegeben. Die Verbindung zwischen der Transmissionswelle und der Arbeitsmaschine erfolgte durch Flachriemen, die aus Chromleder gefertigt waren. Durch die Einführung elektrischer Antriebsmaschinen (Direktantrieb von Werkzeug- und Produktionsmaschinen) und bedingt durch mehrere Nachteile, die den Lederriemen anhafteten, wurde der Riementrieb seltener eingesetzt.
In neuerer Zeit kommt den Riementrieben aber wieder eine größere Bedeutung zu, insbesondere durch die Verwendung neuer Werkstoffe und neuartiger Bauformen von Riemen. Entwicklungstendenzen, wie der Trend zur Produktivitätssteigerung von Maschinen aufgrund höherer Drehzahlen, kompakter und leichter Bauweise sowie das Bestreben wartungsfreie und geräuscharme Antriebe einzusetzen, haben die Vorteile von Riemengetrieben in den letzten Jahren wieder vermehrt zur Geltung kommen lassen.
Außer zur Leistungsübertragung werden Riemen mitunter auch zum Transport von Stück- und Schüttgütern, als Träger von Reinigungsbürsten, Kontaktgebern, u.ä. eingesetzt. Neben der einfachsten Bauart von Riemengetrieben, dem Flachriemen, sind die im modernen Maschinenbau immer mehr eingesetzten Zahnriemen sowie die Keilriemen zu nennen. Man unterscheidet Riemengetriebe mit konstanter Übersetzung, Schalt-Riemengetriebe (Kraftübertragung ein- und ausschaltbar) sowie stufenweise und stufenlos verstellbare Riemengetriebe. Der offene Riementrieb (s. Bild 2) ist dabei die meist verwendete Bauart mit dem einfachsten Aufbau.

Bei den Bemühungen, die übertragbare Leistung zu steigern, zeigte sich sehr schnell, dass sowohl die Riemenform, der innere Aufbau des Riemens, die Art der verwendeten Werkstoffe als auch die Herstellmethode von entscheidender Bedeutung sind.

Die Grundlagen für Auswahl, Berechnung und Einsatz von Riemengetrieben finden sich vielfach in Firmenunterlagen oder in einfacher und gekürzter Form in technischen Handbüchern. Das vorliegende Skript enthält die Auslegung von Riemengetrieben in Anlehnung an entsprechende Normenwerke wie die VDI-Richtlinie 2758 (Riemengetriebe), in der Einsatzgebiete sowie Grundlagen der Berechnung aufgeführt sind.
Die Auswahl eines geeigneten Riemengetriebes sollte für einen bestimmten Bedarfsfall nach den Gesichtspunkten Funktion und Wirtschaftlichkeit erfolgen. Das Riemengetriebe muss dabei einerseits unter den vorgegebenen Anforderungen bzw. Betriebsbedingungen wie Drehzahl, Raumbedarf, Temperaturen, usw. über eine angemessene Zeit sicher funktionieren und sollte andererseits die Umgebung so gering wie möglich belasten (Geräusche, Schwingungen).
Vorteile von Riemengetrieben
- Geräuscharmer Lauf (elastische Stoßaufnahme und Stoßdämpfung)
- Kostengünstig, insbesondere bei größerem Achsabstand, einfache Anordnung der Riemenscheiben und Mehrfachantrieben (auch Drehrichtungsumkehr möglich)
- Einfacher Aufbau
- Keine Schmierung und kaum Wartung nötig unempfindlich gegen kurzzeitiges Überlasten (Gleitschlupf)
- Hohe Gleichlaufgenauigkeit bei konstanten Betriebsbedingungen (Belastung, Reibungszahl) einfache Montage
- einfache Montage

Nachteile von Riemengetrieben
- größeres Bauvolumen bei gefordertem kleinstmöglichen Achsabstand gegenüber anderen Antriebsarten
- größere Wellenbelastung (bis zu 2,5 mal der Umfangskraft) in der Reihenfolge Zahnriemen < Keilriemen < Flachriemen
- ungeeignet für periodische Drehrichtungsumkehr (Totgang zum Aufholen des Durchhanges des Riemens)
- ständiger Schlupf bis zu etwa 2% (Dehnschlupf)
- nur bei begrenzten Temperaturbereichen einsetzbar
Riemengetriebe werden für parallele und gekreuzte Wellen verwendet. Ebenfalls sind Antriebe mit mehreren Wellen durch einen Riemen möglich. Für den offenen Riementrieb ist die waagerechte Lage mit einem untenliegenden Lasttrum am günstigsten. Der gekreuzte Riementrieb wird zur Kraftübertragung bei gegensinnigen Drehrichtung eingesetzt und hat gegenüber dem offenen Trieb den Vorteil, dass durch die Kreuzung der Umschlingungswinkel vergrößert wird und er somit weniger zum Gleitschlupf neigt. Der große Nachteil dieser Anordnung liegt im unvermeidlichen Scheuern der Laufflächen an der Kreuzungsstelle und an der hohen Riemenbelastung. Mit Winkel- und geschränkten Riemengetrieben kann man beliebig angeordnete Wellen verbinden, sofern der Bauraum ausreicht. Dies gilt im Prinzip für sämtliche Riemenarten. Mehrfachantriebe mit meist einer Antrieb- und mehreren Abtriebswellen werden zur Leistungsverzweigung eingesetzt. Der Riemen kann je nach Anordnung wechselweise mit seiner Ober- und Unterseite auf den Scheiben laufen. Es werden im allgemeinen mehrere Umlenkrollen benötigt, damit ein ausreichender Umschlingungswinkel für alle Scheiben gegeben ist. Der Stufenscheibentrieb wird zur Kraftübertragung mit Übersetzungs- und Drehzahländerungsmöglichkeiten eingesetzt. Der Riemen wird dabei von Hand durch Umlegen auf die anderen Scheiben verschoben. Der Kegelrollentrieb ermöglicht eine Drehzahlregulierung und der Riemen wird hier durch eine Gabel während des Laufens verschoben. Beide Scheiben müssen den gleichen Kegelwinkel haben, damit die Betriebslänge des Riemens in jeder Stellung erhalten bleibt. Der Spannrollentrieb wird bei kleinen Achsabständen und großen Übersetzungen eingesetzt, wenn der offene Riementrieb aufgrund des zu geringen Umschlingungswinkels der kleinen Scheibe nicht mehr eingesetzt werden kann. In das Leertrum wird eine Spannrolle eingesetzt, die mit Eigengewicht, Spanngewichten oder einer Federkraft den Riemen spannt.
