MDESIGN compendium


  Technische Gestaltung > Entwerfen, Ausarbeiten > Prinzipien der Produktstrukturierung > Strukturen von Produktgruppen > Baukästen > Vorgehen beim Entwickeln von Baukästen  

Die Entwicklung eines kompletten Baukastensystems ist wesentlich aufwendiger, als die Entwicklung eines einzelnen Erzeugnisses. Wegen der Variabilität der möglichen Erzeugnisvarianten ist hier ein systematisches Vorgehen besonders wichtig. Dieser Aufwand muss später in einer schnellen und kostensparenden Auftragsabwicklung eingespart werden. Teilschritte der Entwicklung nach Pahl/Beitz S.610- 621 [1]:

Klären der Aufgabenstellung

  • Erfassen aller Funktionen, die das Anwendungsgebiet des Baukastensystems abdecken soll.
  • Abgrenzung gegen sehr seltene Funktionen, die das System unnötig verteuern würden.
  • Abschätzung der Häufigkeitsverteilung der verschiedenen Funktionen. Die Bausteinen, die Funktionen realisieren, die am häufigsten nachgefragt werden, müssen besonders optimal gestaltet werden.

Aufstellen der Funktionsstruktur

  • "Anzustreben ist eine Erfüllung der geforderten Gesamtfunktion nur mit der Kombination möglichst weniger und einfach zu realisierender Grundfunktionen." Pahl/Beitz S. 613 [1]
  • Aufteilung in Grund-, Hilfs-, Sonder- und Anpassfunktionen. Varianten mit hohem Bedarf werden überwiegend Grundfunktionen.
  • Zusammenfassung mehrerer Funktionen in einem Baustein, wenn diese regelmäßig gemeinsam auftreten.

Suchen von Wirkprinzipien und Lösungsvarianten

  • Physikalisch ähnliche Wirkprinzipien und gleiche Energiearten anstreben.

Auswählen und Bewerten

  • Technisch und wirtschaftlich bewerten.
  • Bei der wirtschaftlichen Bewertung die häufigen Grundfunktionen strenger bewerten.
  • Kosten für die Schnittstellen und Adapterbausteine (Hilfsbausteine) prüfen, da ihre Kosten meist zusätzliche Kosten gegenüber Nicht-Baukästen sind und von ihnen oft der Wettbewerb mit Einzelerzeugnissen entschieden wird.
  • Einfluss der Sonder-, Hilfs- und Anpassbausteine auf die Kosten der Grundbausteine analysieren. Z.B. erforderliche Befestigungsbohrungen, die in allen Grundbausteinen enthalten sind, nur um irgendwann einen Baustein einer seltenen Sonderfunktion zu befestigen.

Erstellen der Gesamtentwürfe

  • Optimieren des Auflösungsgrades. Nur so weit auflösen wie nötig.
  • Beachten der Auswirkung der Fehlerfortpflanzung. Sehr viele Fügeteile ergeben lange Toleranzketten.
  • Bei Baukästen, die vom Anwender selbst zusammengebaut werden, berücksichtigen, dass die häufig verwendeten Grundbaustein eine höhere Lebensdauer haben als die selten verwendeten Sonderbausteine, oder dass sie leicht austauschbar sind.
  • Neben den Fertigungskosten ist auch der Aufwand für die Auftragsabwicklung zu berücksichtigen. Hier liegt ein großes Einsparungspotential von Baukästen, gegenüber Einzelanfertigungen.

Ausarbeiten von Fertigungsunterlagen

  • Neben der Ausarbeitung der Fertigungsunterlagen der einzelnen Bausteine ist es wichtig, Organisationsinstrumente zu entwickeln, mit denen die schnelle Ableitung funktionsfähiger Varianten möglich ist. Das können Kataloge, Musterstücklisten, Tabellenkalkulationensprogramme und PDM-Systeme sein.
  • Besonders schwierig ist es oft, bei der Vielzahl der möglichen Varianten, die nicht alle schon vorgedacht werden können, dafür zu sorgen, dass keine unzulässigen Funktionskombinationen angeboten werden, z.B. die Kollision zweier Sonderbausteine.
  • Es sollte angestrebt werden, dass die Zusammenstellung auftragsbezogener Varianten so einfach ist, dass die Mitwirkung der Entwicklungsabteilung bei der Auftragsabwicklung in der Regel nicht erforderlich ist.
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