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Als Beispiel ist ein Libellenprüfgerät abgebildet, welches in Form einer technischen Zeichnung die Gestalt beschreibt. Die technische Zeichnung enthält keine Informationen über die Umgebung und die Funktion. Der Ingenieur "liest" die Zeichnung und versucht, dabei die Funktion zu erkennen.

Zunächst findet man in der Zeichnung alle zum Produkt gehörenden Elemente, im Beispiel die Zeichenteile 1 bis 16 sowie Normteile mit den DIN-Nummern. Die Bauelemente des Systems lassen sich wie folgt charakterisieren:

Definition:

Ein Bauelement ist der Sammelname für Einzelteile und Baugruppen, die innerhalb des konstruktiven Entwicklungsprozesses nicht weiter zerlegt werden. Sie besitzen eine Funktion und eine Struktur (Gestalt).

Definition:

Ein Einzelteil ist ein Bauelement, das durch Bearbeiten eines Werkstoffes ohne Fügen mit anderen Bauelementen entsteht. Es hat keine inneren Koppelstellen und setzt sich aus Formelementen sowie dem Werkstoff zusammen. 

Definition:

Eine Baugruppe ist eine abgegrenzte, selbständige Gruppe von Einzelteilen, die miteinander gekoppelt sind.


Der Elementbegriff ist bei der Systembetrachtung relativ, d. h. es ist eine Zweckmäßigkeitsfrage, wie weit man das Produkt in Elemente zerlegt. Für den Physiker und Werkstoffwissenschaftler kann dies besonders weit gehen, z. B. bis zu Gitterstrukturen und dem Atombau. Für den Konstrukteur ist dies nur bis zu den Einzelteilen oder Baugruppen, die z. B. als Zukaufkomponenten eingesetzt werden, zweckmäßig.vEin weiteres wichtiges Merkmal der Struktur ist die Beziehung zwischen den Elementen. Sie ist notwendig, um die Art und Weise des Aufbaus erkennen zu können.

Eine Menge von Elementen ergibt erst dann ein funktionsfähiges technisches Gebilde, wenn diese in Zusammenhang gebracht werden und zwischen ihnen definierte Beziehungen bestehen. Diese Beziehungen heißen Relationen.

Definition:

Die Relationen sind Beziehungen innerhalb des Systems, die den Zusammenhang der Elemente bestimmen.


Für die Konstruktion sind die räumlichen und funktionellen Beziehungen besonders wichtig.

In der Zeichnung ist die Anordnung der Teile im Raum, sowie deren Lage relativ zueinander zu erkennen.

Definition:

Anordnungen sind Relationen zwischen Systemelementen, die die geometrischen Relativlagen der Elemente beschreiben. Die Anordnung kann durch Koordinatensysteme eindeutig beschrieben werden.

Als Koordinatenursprung wird ein Bezugspunkt festgelegt, an dem die Koordinaten x, y und z gleich Null sind (0,0,0). In der Beispielzeichnung ist ein weiterer zweckmäßiger Bezugspunkt in der Hauptansicht beim unteren Eckpunkt des Gestells durch den Ortsvektor r1 mit den Koordinaten (x1,y1,z1) definiert. Von diesem Punkt aus lassen sich die Länge, die Höhe und andere Parameter leicht bestimmen. Es ist üblich, mehrere Koordinatensysteme zu nutzen, so z.B. für den Ortsvektor r4. Von hier aus ist es vorteilhaft, für Teile, welche mit diesem Lager in Verbindung stehen, den Durchmesser und andere Größen zu bestimmen. Die Bezeichnung xw, yw und zw ist an das verwendete CAD-System angelehnt. Der Index w bedeutet in diesem Fall Welt- oder globales Koordinatensystem. Je nach Zweckmäßigkeit können mehrere Benutzerkoordinatensysteme eingeführt werden. Anordnungsrelationen bestehen zwischen allen Elementen eines technischen Gebildes. Bestimmte Abstände und Winkellagen sind für Aufbau und Funktion besonders wichtig: z.B. die Höhe h des Betätigungsknopfes über der Aufstellfläche oder die Neigung der Tischfläche bei Skalenstellung Null.

Eine weitere Relation betrifft die funktionellen Beziehungen. Anschaulich wird dies an den Verbindungsstellen. An diesen Stellen werden zwischen den Elementen Funktionsgrößen übertragen, wie z.B. Kräfte, Bewegungen und andere Parameter. Diese Relation, welche der Übertragung von Funktionsgrößen dient, wird als Kopplung bezeichnet. Im Beispiel des Libellenprüfgerätes handelt es sich vorwiegend um mechanische Kopplungen.

Definition:

Kopplungen sind Relationen zwischen Systemelementen, welche der Übertragung von Stoff, Energie oder Informationen dienen.

Die Eigenschaften einer Koppelstelle sollen nun am Beispiel der Verbindung zwischen dem Winkelhebel (Nr. 4) und dem Kipptisch (Nr. 3) des Libellenprüfgerätes erklärt werden. Diese Verbindung garantiert die Bewegung, welche durch den Kipphebel ausgeführt und auf den Kipptisch übertragen wird. Die Koppelstelle besteht dabei aus dem Bolzen Nr. 8, der eine sphärische Fläche besitzt und aus Teil Nr. 14, das in das Teil Nr. 3 eingesetzt ist. An dieser Stelle hat man sich für das Einsetzen der Bauteile aus einem belastbareren Werkstoff entschieden, um einer Deformation durch hohe Kräftekonzentration vorzubeugen.

Verallgemeinert besteht die Grundgeometrie der Koppelstelle aus der Paarung zwischen einer Kugel und einer Ebene. Zur Beschreibung der Funktion der Kopplung führt man ein Koordinatensystem in den Berührungspunkt ein (rechts im Bild). Durch den Gesamtaufbau ist gewährleistet, dass die Paarung immer erhalten bleibt, auch wenn sich die Teile bewegen. Unter dieser Voraussetzung ist zu ermitteln, welche Relativbewegungen an dieser Stelle zwischen den beiden Teilen möglich sind.

Bei der Betätigung des Gerätes, d.h. bei Drehung der Schraube durch den Stellknopf 6 wird eine Kraft übertragen, welche über das fest mit dem Winkelhebel verbundene Teil 8 auf das Teil 14 und somit auf den Tisch weitergeleitet wird. Diese Kraft führt dann zu einer vertikalen Bewegung von Teil 3, d.h. in y-Richtung. Durch die Schraubenfeder (13) ist gewährleistet, dass Teil 3 auch bei einer Bewegung in positiver y-Richtung der Bewegung der Halbkugel folgen kann. In y-Richtung werden also durch diese Kopplung sowohl in negativer, als auch in positiver Richtung Kräfte und Bewegungen zwischen Teil 4 und Teil 3 übertragen. Wäre die Kugel von der Platte lösbar, so würde die Kopplung nicht mehr existieren. Daraus folgt die Konsequenz für den Konstrukteur, dass durch konstruktive Maßnahmen das Bestehenbleiben einer solchen Kopplung immer zu garantieren ist. Dies kann durch Federkräfte, spezielle Formgebung oder andere Mittel realisiert werden.

Bei Verschiebung der Kugel in x-Richtung bewegt sich die Platte nicht mit, da die Halbkugel in x-Richtung frei beweglich ist und somit diesbezüglich keine Kopplung vorliegt. Ebenso verhält sich eine Bewegung in z-Richtung. Neben diesen Translationen sind mögliche Rotationsbewegungen zu analysieren.

Bei Drehung der Kugel um die y-Achse bleibt Teil 3 in Ruhe. Es wird keine Drehbewegung übertragen. Eine Drehbewegung um die x-Achse bzw. z-Achse führt zum gleichen Ergebnis, d.h. auch dabei wird keine Drehbewegung übertragen. Der Freiheitsgrad ist die Anzahl der möglichen Bewegungen die zwischen den gepaarten Teilen unabhängig voneinander sind. Zur Beschreibung des Verhaltens dieser mechanischen Koppelstelle kann der Begriff des Freiheitsgrades genutzt werden. In diesem Beispiel sind 5 Relativbewegungen möglich. Der Freiheitsgrade ist f = 5.

Definition:

Der Freiheitsgrad ist die Zahl der in einem Wirkflächenpaar unabhängig voneinander möglichen Relativbewegungen der Elemente, bezogen auf ein dreidimentionales rechtwinkliges Koordinatensystem. 

Die Freiheiten im betrachteten Beispiel sind Funktionsnotwendig. Durch die Drehbewegung beschreibt der Hebel, und damit die Kopplungsfläche, einen Kreisbogen. Auch der Kipptisch (Teil 3) führt eine Kreisbewegung aus. Der Berührungspunkt der Koppelstelle muss sich folglich auf der Tastfläche bewegen können. Anderenfalls wäre die Bewegung nicht möglich.

Ein weiterer Vorteil von Freiheitsgraden zeigt sich, wenn Spiel im Lager des Hebels vorhanden ist, welches zu Verlagerungen führen würde. Dieses Spiel bleibt ohne negative Auswirkung auf die Bewegungsübertragung. Die richtige Wahl des freiheitsgrades bei mechanischen Koppelstellen ist eine wichtige Aufgabe bei der Gestaltung.

An der Kopplung von Bauelementen ist häufig nicht der gesamte Körper bzw. das Bauteil beteiligt, sondern nur bestimmte Ränder, welche als Funktionsflächen besonders gestaltet sind. Es handelt sich im Beispiel um eine sphärische Fläche und eine Ebene, die die Gestalt der Kopplung bilden. Für die technische Ausführung von Koppelstellen gibt es vielfältige Möglichkeiten, um die Funktionsgrößen Energie, Informationen und Stoff zu übertragen.

Eine Koppelstelle muss immer speziellen Anforderungen der zu übertragenden Funktionsgrößen genügen. Optische, thermische, elektromagnetische o.ä. Kopplungen erfordern mitunter komplizierte Koppelelemente. Bei ihrer Gestaltung sind auch geeignete Werkstoffe auszuwählen.

Zusammenfassung:

Jede Kopplung hat eine Gestalt und eine Funktion. Wenn eine Kopplung konzipiert werden soll, so geht man von der Funktion aus. Bei mechanischen Kopplungen bestimmt man zunächst den Freiheitsgrad. Danach sucht man geometrische Elementenpaare, welche diesen Freiheitsgrad besitzen. Kopplungen innerhalb eines Produktes sind oft kritische Stellen, denn an ihnen treten Belastungen, Verschleiß u.a. Beanspruchungen auf. Wenn eine lange Lebensdauer garantiert werden soll, so bedarf es dort besonderer Maßnahmen!

Beschreibung der Struktur

Die Struktur eines Produktes lässt sich durch einen technischen Entwurf beschreiben. Er ist ein Abbild oder Modell des realen Objektes. In einer solchen Beschreibung ist die Gestalt des technischen Produktes vollständig und eindeutig wiedergegeben.


Definition:

Der technische Entwurf ist die konkreteste Strukturbeschreibung, die die geometrisch- stofflichen Eigenschaften des technischen Gebildes in ihrer Gesamtheit quantitativ abbildet. Er wird in Form einer Technischen Zeichnung dargestellt.

Informationen der technischen Zeichnung:

  • Geometrie
  • Abmessungen
  • Anordnung
  • Werkstoffe
  • aller Bauelemente und Kopplungen

Die Technische Zeichnung enthält die Geometrie aller Elemente. Weiterhin ist jede technische Zeichnung maßstäblich angefertigt, so dass in ihr alle Maße nachmessbar sind. Die Abmessungen sind in Form der Bemaßung in der Zeichnung einschließlich der Toleranzen enthalten. Toleranzen stellen die zulässigen Abweichungen von einem angestrebten Maß dar. Ebenso ist die Anordnung der Teile eindeutig festgelegt. Eine weitere wichtige Information, welche der technische Entwurf liefert, ist die des Werkstoffs. Diese Angabe für die Bauteile ist in der Stückliste angegeben. Bei Einzelteilzeichnungen sind sie im Schriftfeld vermerkt.

Der technische Entwurf in Form einer technischen Zeichnung ist keine vollständige Systembeschreibung. Informationen über Funktion und Umgebung fehlen. Eine technische Zeichnung macht keine Aussage über die Funktion und den Zweck des abgebildeten Objekts sowie deren Beziehungen zum Bediener oder anderen Objekten des Umfeldes. Erst wenn diese bekannt sind, lassen sich Ein- und Ausgangsgrößen des Produktes bestimmen. Die Finger am Rändelknopf, das Auge zum Ablesen der Skala, die Libelle und die Aufstellfläche gehören zur Umgebung und ermöglichen als Koppelstellen zur Umgebung die Übertragung der erforderlichen Funktionsgrößen.

In der Zeichnung ist nun erkennbar, dass auf dem Tisch die Libelle aufgesetzt wird, um sie zu prüfen. Dazu muss der Tisch geneigt werden. Wenn man Drehknopf dreht, neigt sich der Tisch infolge des Mechanismus, der sich dazwischen befindet.

So kann man den Funktionsfluss vom Eingang zum Ausgang verfolgen. Die Drehung des Drehknopfes (Teil 6) wird über das Gewinde in einen Vorschub überführt, der auf den Winkelhebel (Teil 4) drückt. Dieser überträgt die Bewegung über eine Lagerstelle bis zur Koppelstelle, welche bereits beschrieben wurde. Von dieser Stelle aus wird die Bewegung weiter zum Kipptisch (Teil 3) übertragen, der sich schließlich zu neigen beginnt und somit die Libelle in die gewünschte Lage positioniert. Dieser Funktionsfluss ist im Bild eingezeichnet. Das Beispiel zeigt, dass Informationen bezüglich der Funktion und des Funktionsflusses in der technischen Zeichnung nicht enthalten sind. Sie können aber durch das "Lesen" der Zeichnung ermittelt werden. Ein geübter Konstrukteur kann eine Zeichnung so lesen, dass er daraus die Beanspruchung der einzelnen Teile erkennt. Durch Interpretation der technischen Zeichnung kann durch das Erkennen der beweglichen Bauteile und der einzelnen Koppelstellen auf die Funktion geschlossen werden.

Aus der Kenntnis der Struktur und der Umgebungsbedingungen ist also die technische Funktion bestimmbar.

Die technische Zeichnung besitzt ein weiteres Defizit an Informationen. Dies betrifft Angaben zur Fertigung und Montage. Die Angabe "eingeklebt" für das Teil 14 ist eine Information für die Fertigung. Die übrigen Informationen fehlen, was natürlich einen enormen Nachteil darstellt. Der Konstrukteur hat sich jedoch beim Entwerfen überlegt, wie bestimmte Baugruppen und Bauteile fertigungstechnisch zu realisieren sind. Es gibt im voraus also viele fertigungsrelevante Festlegungen zur Form und bezüglich der Werkstoffe der Teile. Solche Angaben sind jedoch in der Zeichnung nicht enthalten. Ein Technologe muss diese Informationen durch Interpretation der Zeichnung erst wieder erarbeiten. Ist er dazu nicht in der Lage, kann die Fertigung zu einem Problem werden, obwohl der Konstrukteur die Teile fertigungsgerecht entworfen hat.

Die technische Zeichnung enthält zahlreiche Details. Funktionswichtige, fertigungsrelevante u. a. sind gleichberechtigt dargestellt. Um das Erkennen der Funktion zu erleichtern ist es hilfreich, eine Darstellung zu wählen, die nur die funktionswichtigen Eigenschaften der Produktgestalt wiedergibt. Das ist das technische Prinzip.

Ein anderes Darstellungsmittel, um die Struktur und Gestalt eines Produktes darzustellen, wird als technisches Prinzip bezeichnet.

Definition:

Das Technische Prinzip (Arbeitsprinzip, Funktionsprinzip) ist eine abstrahierte Darstellung der Struktur, in der die geometrisch - stofflichen Eigenschaften der funktionswichtigen Bauelemente und Relationen qualitativ bestimmt sind.

Informationen des Technischen Prinzips:

  • Geometrie
  • Anordnung
  • Werkstoffe

funktionswichtiger Bauelemente und Kopplungen qualitativ

Im Folgenden wird das Technische Prinzip des Libellenprüfgerätes aus der Zeichnung abgeleitet. Zunächst ist festzustellen, welche Teile am Funktionsfluss unmittelbar beteiligt sind.

Das sind:

  • Stellschraube 6
  • Winkelhebel 4
  • Tisch 3

Die nichtbeteiligten Elemente werden dann vernachlässigt. Als Ziel steht die Vereinfachung der Beschreibung der technischen Konstruktion, d.h. es sollen nur noch die für die Funktion relevanten Teile enthalten sein (siehe Bild).

Zu vernachlässigende Teile:

  • Zylinderkopfschraube DIN 84 M3x12-5,6
  • Tastbolzen 8 und das gehärtete Blättchen 14 an der Koppelstelle 8/14
  • Stellfläche

Elemente die starr verbunden sind können als ein Teil angesehen werden, z. B. die Teile 4, 7 und 8. Dieses Einstufen in funktionsrelevante bzw. nicht funktionsrelevante Bauteile und Gruppen ist der erste Schritt zum Erarbeiten einer Prinzipskizze. Das Ergebnis ist eine deutlich vereinfachte Gestalt, die nur noch die zur Funktion notwendigen Elemente enthält.

Der nächste Schritt der Vereinfachung bezieht sich auf die Vereinfachung dieser Bauteile. Diese haben bestimmte Durchmesser und Dicken, welche ihren jeweiligen Belastungen angepaßt sind. Für die reine Kinematik und ihre Betrachtung in der Prinzipskizze ist z.B. die Querschnittsform des Hebels 4 unerheblich. Wichtig sind an solchen Bauteilen die Koppelstellen, deren Wirkflächen in der Prinzipskizze erhalten bleiben müssen. Bei der Antriebschraube 6, welche in diesem Beispiel die Funktion eines Triebknopfes erfüllt, sind folgende Wirkflächen zu erfassen:

  • die Rändelfläche für die Betätigung
  • das Gewinde (symbolisiert durch schräge Striche)
  • die Kugelfläche am Schraubenende (Koppelstelle zu Teil 7)
  • die Skala

Zusammenfassung:

Eine Prinzipskizze beschreibt die Geometrie der funktionswichtigen Bauelemente und Kopplungen, sowie deren Anordnung und die dafür zu verwendenden Werkstoffe. Die konkreten Bauelemente werden durch verallgemeinerte Bauelemente ersetzt, welche nur noch die für die Funktion wichtigen Geometriemerkmale enthalten. Die Darstellung erfolgt mit Hilfe von Symbolen. Auf maßliche Angaben wird im technischen Prinzip verzichtet, die Darstellung ist also rein qualitativ. Damit lässt sich der Funktionszusammenhang leicht erkennen.

Die Prinzipskizze wird in der Literatur auch mit anderen Begriffen bezeichnet, z. B. mit Arbeitsprinzip, Wirkprinzip, Wirkschema, Funktionsprinzip oder Lösungsprinzip.

Durch zusätzliche Informationen wird die Prinzipdarstellung weiter ergänzt, so dass die mathematische Funktion erkannt und bestimmt werden kann.
Am Stellknopf wird durch die Handbetätigung die Eingangsgröße sE in das System eingeleitet. Sie stellt den Verstellweg dar, welcher bei der Betätigung am Umfang des Verstellknopfes zurückgelegt wird. Am Ausgang ist eine Kippung der Libelle festzustellen. Diese Kippung wird durch den Kippwinkel γ beschrieben. Weiterhin ist im Bild symbolisch ein Auge zum Ablesen einer Skala zu erkennen. Der Messweg sA entsteht durch Relativbewegung zwischen Skala und Marke und ist ein Maß für die Kippung γ.

Die Arbeitsschritte bei der Analyse eines Produktes sind in der folgenden Übersicht zusammengefasst:

Als Ausgangsbasis liegt das Beispiel des Libellenprüfgerätes als technische Zeichnung vor. Es kann aber auch ein materielles Objekt sein. Der erste Abstraktionsschritt besteht darin, das Technische Prinzip zu erkennen. Es müssen die funktionswichtigen Elemente bestimmt werden, um eine funktionsorientierte Darstellung zu erhalten. Der nächste Schritt ist das Erarbeiten der Funktionsstruktur. Dazu werden die funktionalen Beziehungen der abgegrenzten Teilsysteme (oder Funktionselemente) exakt bestimmt. Auf dieser Grundlage lässt sich die Gesamtfunktion des Produktes bestimmen.

Die Kenntnis von Gesamtfunktion, Funktionsstruktur und technischen Prinzip erlaubt es, die Eigenschaften der konstruktiven Details der vorliegenden Konstruktion zu bestimmen und kritisch zu beurteilen. Zur besseren Strukturierung dient die folgende Tabelle, in welcher die einzelnen Komponenten des Winkelhebels in der linken Spalte eingetragen sind, in der mittleren Spalte ist die entsprechende Funktion beschrieben und in der rechten Spalte sind die Eigenschaften kurz erläutert.

Strukturbestandteile Funktion Eigenschaften
Nr. Einzelteil / Kopplung
4 Hebel überträgt Momente und Bewegungen
F1 * a = F2 * b
s2 = b / a * s1
• a und b bestimmen die Übersetzung -> tolerieren!
• Lagermittelpunkt im Schnittpunkt der Ebenen durch Tastkugelmittel punkte und Drehpunkt des Tischlagers
7 Druckstück überträgt Kraft F1 gehärtet, gute Ebenheit der Tastfläche
(hohe Flächenpressung in der Paarung 6/7)
8 Tastkopf überträgt Kraft F2 gehärtet, gute Oberflächenqualität
(hohe Flächenpressung in der Paarung 8/14)
4/7
4/8
Preßverbindung verbindet Teile kraftschlüssig ø4 H7/r6 Preßpassung Höchstübermaß:- 23µm Mindestübermaß: - 3µm
4/5 Lagerung ermöglicht Drehung des Hebels ø6 F8/h9 Spielpassung Höchstspiel: +58µm Mindestspiel: + 10µm

Der Hebel 4 hat Bewegungen, d.h. die Größen s1 und s2 und die Kräfte F1 und F2 zu übertragen. Es wird ein Biegemoment eingeleitet, welches sich aus dem Hebelarm und der eingeleiteten Kraft ergibt. Da die Hebellänge a > b ist, bewirkt der Winkelhebel eine Kraftverstärkung F2 > F1.

Demgegenüber wird bei den Bewegungen bei gleichem Hebelverhältnis s2 < s1. Diese Reduzierung ist für feinfühlige Bewegungen geeignet. Die Maße a und b bestimmen das Übersetzungsverhältnis und dieses wiederum bestimmt die kinematischen Beziehungen. Das bedeutet für eine genaue Einhaltung der Übertragung, dass die Maße a und b exakt ausgeführt werden müssen und zulässige Abweichungen festzulegen sind. Die Maße a und b müssen toleriert werden, wenn eine gewisse Genauigkeit garantiert werden soll. Dies sind also Einschränkungen, welche in der Fertigung und Montage zu berücksichtigen sind. Für die Lage der Wirkflächen sind die Lagebedingungen zu beachten.

Der Krümmungsmittelpunkt der Sphäre von Teil 8, der Tastkugel, und der Mittelpunkt der Drehachse des Hebels, die Lagerung, müssen in einer Ebene liegen, welche wiederum senkrecht zu einer zweiten Ebene steht, die ebenfalls durch den Mittelpunkt der Drehachse verläuft. Wird diese Bedingung eingehalten, so ist die Abweichung von der Linearität bei der Einstellung von γ gering.

Durch die Analyse der Eigenschaften dieser Baugruppe ist erkennbar, dass der Konstrukteur zahlreiche Teilproblemen zu erfassen hat. Funktionswichtige Berechnungen und Festlegungen, wie im Beispiel das Hebelverhältnis, die Anordnung der Wirkflächen und das Lagerspiel, stehen dabei im Vordergrund.

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